Zurück in der Realität, das neue Jahr hat begonnen. Laut und monströs in Paris, während woanders, in Syrien, Nigeria oder Irak weiter, für uns hier nur leise vernehmbar, gestorben wird. Die gepriesene Zuversicht hat es schwer. Ein paar Gedankensplitter:

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(Verwendung mit freundlicher Genehmigung von J. Jansen, jansen-karikatur.de)

1100 Milliarden pumpt die Europäische Zentralbank nun also verteilt über 18 Monate in das Finanzsystem, angeblich um Kredite billiger zu machen und so das „Wachstum“ anzuheizen. Wo der Leitzins doch sowieso schon mit 0,05 Prozent zur Verschuldung einlädt. Was soll nun also noch alles investiert werden? Wie viele Industrie- und Gewerbegebiete sollen entstehen, welche Flächen dafür versiegelt werden? Und ist der heutige Konsum in den Industrieländern noch zu toppen? 

Eher sind viele Menschen doch eigentlich satt. Ausgerüstet mit Smartphone, Breitwandfernseher und Plasmabildschirm, Wasch- und Spülmaschine, Auto, Navi und hoffentlich auch Fahrrad sind die Hauptbedürfnisse auf Jahre hinaus gestillt – es sei denn, irgendein Gerät geht wachstumsfördernd gerade nach Ablauf der Garantie kaputt. Der „Kapitalismus in der Reichtumsfalle“, schrieb W. Uchatius schon vor über drei Jahren in der ZEIT (sehr lesenswert!).

Gezielte Investitionen in die Herausforderungen der heutigen Zeit? Wie da wären Energiewende, Stärkung öffentlicher Verkehrsmittel, Klimaschutz und Kohlendioxideinsparung! Fehlanzeige, wie schon bei der Geldflut bei der Finanzkrise 2008! Könnte man nicht die 3400 Euro, um die es pro europäischen Bewohner geht, nicht lieber gleich den Arbeitslosen und Geringverdienern aushändigen – was sicher mehr Konsum bewirken würde, wenn schon?

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Während viele kleine gute Initiativen zu Energiewende, Nachhaltigkeit und Umweltschutz weiter tapfer für eine Weltverbesserung kämpfen, rollt die große Walze der klassischen Wirtschaftsankurbelung (und damit Natur- und Ressourcenvernichtung) also weiter. Das scheint mir ähnlich zu sein wie bei der aktuellen Islamdiskussion, zu der Heribert Prantl kürzlich in der SZ kommentierte:

„… Offenbar ist es so: All die Expertenforen, all die Akademietagungen und interreligiösen Dialoge schwimmen wie Schnittlauch auf einer Suppe von Vorurteilen. Sie sind nicht in der Lage, Konsistenz und Zusammensetzung der Suppe zu verändern. Thilo Sarrazins böse Bücher hatten offenbar mehr Einfluss als alle Dialogforen zusammengenommen“.

Es könnte also gut sein, dass all die engagierten Umweltbewegungen nicht viel mehr sind als kleine Tupfer im weiter unaufhaltsam „wachsen“ wollenden Wirtschaftssystem. Auch hier helfen die vielen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Symposien zu Klimawandel, 40 Jahren „Grenzen des Wachstums“ und nötigen neuen Lebensformen offenbar kaum weiter.

Da kann dann paradoxerweise der Wissenschaftsredakteur P. Illinger in der SZ noch so sehr über „viele Daten, wenig Wirkung“ klagen (SZ, 17.01.15). Er wirft den Wissenschaftlern, die nun schon auf Nachkommastellen genau errechnen würden, wie viel Erdöl noch verbrannt werden dürfe, Entrücktheit vor. Wer will aber eigentlich die Botschaften der Forscher überhaupt hören? Zumal wenn zehn Tage vorher im selben Blatt die These von der Knappheit des Öls als „Mär“ bezeichnet wird, nur weil es jetzt gerade unsinnigerweise so billig ist. 

Daher will ich doch wenigstens den Lesern dieses Blogs eine wissenschaftliche Grafik zur gnadenlosen Parallele zwischen Kohlendioxidanstieg in der Atmosphäre und der globalen Erwärmung zur Verfügung stellen:

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Entwicklung von Temperatur (blau) und CO2-Gehalt der Atmosphäre (grün) während der letzten 350.000 Jahre aus dem Eiskern der Station Vostok in der Antarktis (aus einem Artikel von Prof. Stefan Rahmstorf, 2004). In rot ist der anthropogene Anstieg des CO2 gezeigt. Anmerkung: Inzwischen hat der CO2-Gehalt der Atmosphäre bereits die 400 ppm überschritten.

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So, zum Schluss hat der Miesmacher diesmal nicht die Flugreisenden im Visier, sondern die Skifahrer, passend zur Saison: „Während die Gletscher schmelzen und der Schnee immer öfter ausbleibt, werden die Skigebiete in den Alpen weiter ausgebaut. Ein Wahnsinn“, so die SZ ebenso am 17.01.15 (Artikel leider nicht umsonst im Netz! Da ist die ZEIT doch sehr zu loben!). Ob diese und ähnliche gute Berichte mehr Wirkung zeigen?    

Willkommen in 2015

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